Von Barbara Liese
Im Frühjahr und in den Sommermonaten macht eine Vielzahl von Insekten den Pferden das Leben schwer. Nach dem milden Winter bereiten die Plagegeister sich schon jetzt auf eine lange Saison vor und sind bis weit zum Ende des Sommers aktiv. Das Reiten wird zur Tortur, und auf der Weide sind die Pferde den Quälgeistern oft schutzlos ausgeliefert. Doch Insekten sind nicht nur lästig, sie können auch Allergien auslösen, Wunden infizieren und Entzündungen hervorrufen. In unseren Breitengraden sind ihre Stiche und Bisse für die Pferde in der Regel zwar relativ harmlos, aber sie tun weh, jucken heftig und können sich entzünden. Der Fliegen- und Mückenschutz im Stall, auf der Weide oder während des Reitens ist jedes Jahr wieder ein leidiges Thema, und eine grundsätzliche Lösung ist leider noch immer nicht in Sicht.
Hilfe aus der Dose
Repellents (englisch für abweisende Stoffe) sind dabei meistens das Mittel der Wahl. Ihre Inhaltsstoffe entwickeln eine Aura rund ums Pferd, die Insekten die Sauerstoffaufnahme erschwert. Oder sie stören bzw. überdecken den Lockmechanismus, der vom Geruch des Pferdes ausgeht. Sie werden täglich (nicht nur vor dem Weidegang oder beim Ausritt, sondern auch im Stall) entweder aus der Sprühflasche aufgebracht oder als Gel mit der Hand aufgetragen oder – im Bereich um Augen und Nüstern – mit einem „Roller“.
Kein Repellent bietet hundertprozentigen Schutz vor Stichen. Schutz und Wirkdauer durch diese Mittel sind je nach Substanz, Wirkstoffkonzentration und aufgetragene Menge und je nach Insektenspezies unterschiedlich. Hohe Luftfeuchtigkeit, hohe Temperaturen, Wind und Schwitzen vermindern die Schutzwirkung. Leider weisen nicht alle Hersteller die komplette Wirkstoffpalette aus, so dass der Pferdebesitzer nicht immer weiß, ob vielleicht ein für sein Pferd allergischer Stoff oder auch – natürlich zugelassene – Bestandteile von Insektiziden beigemischt sind.
Naturstoffe zur Abschreckung
Viele Pferdebesitzer schwören auch auf ein natürliches Gemisch aus ätherischen Ölen,wie Zitronen-, Lavendel-, Nelken-, Zedern- oder Walnussöl. Auch „Fliegensschutz von innen“ ist immer wieder ein Thema: Knoblauch und Schwarzkümmelöl sollen vor allem in Verbindung mit Vitamin B den Insekten besonders den Appetit verderben.
Naturstoffe mit Repellent-Wirkung sind Anisöl, Basilikum, Bergamottöl, Birkenholzteer, Kampfer, Cajeputöl, Citronellöl, Eisenkraut, Eukalyptusöl, Geraniumöl, Kiefernöle, Knoblauch, Kokosnussöl, Lavendelöl, Menthol, Muskatöl, Nelkenöl, Orangenblütenöl, Pfefferminzöl, Poleiöl, Rosmarinöl, Sternanisöl, Thymianöl, Zedernöl, Zimtöl. Aber: Nicht jeder Stoff ist gut verträglich und wirksam, nur weil er von Pflanzen stammt. Viele Hersteller bieten inzwischen aber sehr gute Lotionen oder Sprays an, einige Hausmittel scheinen auch zu funktionieren, und es lohnt sich in jedem Fall, den scheinbar aussichtlosen Kampf nicht aufzugeben.
Vorbeugung
Lässt man Mückenpopulationen gar nicht erst entstehen, kann vorbeugend allerdings eine Menge erreicht werden. Der beste Weg, Stall und Hof fliegenfrei zu halten, ist Sauberkeit.
Insektenfamilien leben gerne in Matsch, Wasser und an dunklen Plätzen. Regentonnen, Wassereimer und Pfützen in Stall und Hof sind deshalb ideale Brutplätze für viele Mückenarten. Werden Pferde aufgestallt, muss besonders häufig die Einstreu gewechselt werden, denn Fliegen und andere Insekten mögen die etwas muffige Luft am Boden. Offene Türen und Fenster sorgen für Luftbewegung im Stall. Spinnweben sollten nicht entfernt werden, denn Spinnen sind fleißige Insektenjäger.
Idyllisch gelegene Weiden am Wald, mit Bachlauf, sind bei Insekten sehr beliebt und deshalb im Hochsommer für Pferde alles andere als idyllisch. Ein Unterstand schützt nicht nur vor Sonne und Regen, sondern auch vor den Plagegeistern, die das Dunkel meiden. Pferdeäpfel müssen regelmäßig von der Weide abgelesen werden, um den Parasitenbefall wenigstens in Grenzen zu halten. Geschwitzte Pferde sollten vor dem Weidegang abkühlen, denn ihre Ausdünstung ist für die Blutsauger besonders verlockend.
Eine Fliegendecke macht durch enge Maschen das Durchdringen für Insekten fast unmöglich und schützt damit die Pferde bei einem Ausritt oder auf der Weide. Fliegenstirnbänder und Masken schützen die Augen beim Ausritt oder auf der Weide .
Welche Abwehrmaßnahmen am wirksamsten sind, muss ausprobiert werden. Es gibt kein Einzelmedikament oder Wunder-Spray, das gegen alle Plagegeister dauerhaft wirkt. Zahlreiche Tips aus der Trickkiste versprechen außerdem rasche Hilfe und Linderung, aber auch mit ihnen kann der Pferdebesitzer nicht zaubern.
Kriebelmücken (oben) fühlen sich vor allem in der Nähe von Flussniederungen wohl. Sie schwärmen besonders stark von April bis Juni. Stichstellen der Kriebelmücken findet man meist an Schenkelinnenflächen, Euter, Hodensack sowie in der Umgebung von Maul, Nase und After. Nach einem Einstich entstehen an der betroffenen Stelle kleine Knötchen, und bei starkem Befall können sogar ernsthafte Allgemeinstörungen beobachtet werden. Kühlende Umschläge, Waschungen und eine medikamentöse Behandlung können den betroffenen Tieren helfen.
Stechmücken entwikkeln sich im Wasser, in feuchter Erde oder auch an schattigen Orten. Sie können für Pferde nicht nur eine lästige Plage, sondern auch gefährlich werden. Sie schwärmen leider auch in größerer Anzahl in den Ställen. Die Weibchen saugen Blut und können dabei auch Krankheitserreger übertragen. Starker Befall kann zu schweren Hautveränderungen führen. Eine Vornutzung der Weide durch eine Silage- oder Heuernte verringert den Befall. Die beste Bekämpfung wäre die Vernichtung der Brutstätten, die sich aber meist aus ökologischen Gründen verbietet.
Fliegen treten in Massen auf und sind für Pferde ein nicht zu unterschätzendes Infektionsrisiko. In großen Mengen setzen sie sich an den Augen, Nüstern und dem Maul der Pferde fest. Mit der Rüsselspitze reizen sie die Schleimhäute, besonders an den Augen. Sie übertragen beim Lecken der Tränenflüssigkeit winzig kleine Würmer, die in die Augenhöhlen eindringen und schwere Augenentzündungen hervorrufen können. Sie sitzen auch gerne auf Wunden; sie lecken das Wundsekret und verzögern so die Wundheilung. Auch Magenwürmer und Fadenwürmer können durch Fliegen übertragen werden.
Bremsen entwickeln sich in ungefähr drei Jahren in feuchter Erde und im Schlamm über eine Larve und eine Puppe. Sie sind Blutsauger. Der Stich dieser großen Tiere ist sehr schmerzhaft. Zur Abwehr werden dieselben Mittel angewandt wie bei Stechmücken. Netze über dem Kopf, ein überdachter Unterstand auf der Weide, Einreibungen mit insektenabweisenden Mitteln (Repellents) oder auch ätherische Öle bieten über einen gewissen Zeitraum Schutz.
Dasselfliegen legen ihre Eier meist an den Haaren der Pferdebeine ab. Bei stark befallenen Pferden können sie Nachhandlähmungen verursachen. Eine vorbeugende Behandlung mit speziellen Entwurmungspräparaten in den Monaten November bis Januar ist sehr wirksam, da in dieser Zeit die Larven auf ihrer Wanderung im Magen sitzen und dort abgetötet werden können. Die Eier der Dasselfliege, die man als kleine gelbe „Sprenkel“ im Fell sieht, sitzen fest und lassen sich am besten mit einer Wasser/Obstessig-Mischung abwaschen, oder man entfernt sie vorsichtig mechanisch mit einer Rasierklinge.
Zecken – man schätzt, dass in unseren Breitengraden etwa 20 Prozent der Zekken mit Borreliose infiziert sind, und dementsprechend hoch ist das Infektionsrisiko für Pferde. Zunehmend werden auch Fälle der Pferde-Piroplasmose bekannt. Zecken befallen Pferde vor allem im Bereich des Kopfes und am Kronsaum im Stadium der Larve oder als erwachsene Zecke vor allem an den weichhäutigen Stellen des Körpers. Sauberhaltung der Weide, wirksame Sprays oder Waschungen und natürlich das sofortige Entfernen von sichtbaren Zecken sind der beste Schutz. Die Abgabe wirksamer Präparate kann nur durch den Tierarzt erfolgen, und die Eintragung in den Equidenpass ist vorgeschrieben.